Donnerstag, 23. Oktober 2008

Abenteuer Arbeitsamt

Seit Dienstag bin ich nun Diplomsoziologe, also noch nicht offiziell, aber ich hab alle Prüfungen bestanden und gehe davon aus, dass ich demnächst mein Diplom erhalte.

Kaum ist man wieder im "richtigen" Leben, dem außerhalb der Uni und vor allem außerhalb der Bibliothek, angekommen, zerbrechen auch alle Illusionen über ein geordnetes Leben in der Realität. - Ich war heut beim Arbeitsamt!
D.h. eigentlich war ich bei der "Arbeitsgemeinschaft Dresden", kurz: ARGE. Hier wurde das Sozialamt mit dem Arbeitsamt zusammengelegt. Träger dieser Einrichtung ist die Stadt Dresden und! die Agentur für Arbeit. Über die ARGE - Dresden steht auf deren Homepage: "Am 1. Januar 2005 ist das Zweite Sozialgesetzbuch in Kraft getreten, welches die Grundsicherung für erwerbsfähige Arbeitsuchende, die hilfebedürftig sind regelt. Hauptanliegen ist die Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit."

Klingt ja ganz gut, aber mein Erlebnis heute dort war irgendwie bodenständiger. Als ich auf die für meine Postleitzahl zuständige 2.Etage kam, um mich am Empfang anzumelden, hatten etwa 50 Leute vor mir offensichtlich die selbe Idee wie ich. Bei drei Damen am Empfang dauerte das etwa 60 min. Ich habe also eine Stunde angestanden. An sich kein Problem, da ich ja damit gerechnet hatte, dass das eine Weile dauern würde. Unbefriedigend war nur, dass es sehr wohl einen netten Wartebereich mit Sitzgelegenheiten gab, nur saß dort niemand, da man ja seinen Platz in der Schlange halten musste. Ein einfacher Nummernziehautomat, wie es ihn in Schweden sogar in Apotheken gibt, hätte schon mal viel Spannung raus genommen und eventuell auch den Wachmann unnötig gemacht, der genau darauf achtetet, dass sich niemand vordrängelt.

Ich stehe kaum an meiner Position in der Schlange, als der Herr vor mir schon anfängt mir seine Lebensgeschichte zu erzählen. Er war selbstständiger Stuckateur und konnte aber irgendwann seine Angestellten nicht mehr bezahlen, da seine Kunden wiederum die Rechnungen nicht bezahlten und wurde arbeitslos. Wahrscheinlich eine Geschichte wie man sie genau so ständig hören kann in den Arbeitsämtern dieses Landes. Ich beschränkte meine Kommunikation auf lächeln und verständiges Nicken und konnte noch einige Details und Rechtfertigungsversuche in den verbleibenden 55 min ungefragt von ihm hören. So hätte er seine Mitarbeiter zwar bezahlt, aber deren Sozialbeiträge nicht an die Versicherungen überwiesen, weswegen er nun vor das Gericht müsse. Er würde nur noch sein Motorrad behalten und das Auto verkaufen, weil er sonst keine Leistungen bekäme. Später hörte ich noch: "Ich war selbstständig und soll jetzt nen 400€ Job machen.... Das können die Vergessen, solln die doch selber da hingehen."und "Wenn man das hier sieht, versteht man, wie manche nur noch aufstehen und sich inne Kneipe setzten und betrinken." Bemerkenswert an dieser Aussage ist, dass er schon sehr nach Alkohol gerochen hat. Schließlich wollte er mich noch zu eine Wette über 10€ überreden, wie lange wir noch anstehen müssten. Ich hab mich allerdings nicht drauf eingelassen, hätte die Wette aber gewonnen, denn ich hab mich nur um 1 min verschätzt.

Nach einer Stunde konnte ich mich dann endlich anmelden und wurde zu einem Sachbearbeiter geschickt. Die junge Dame nahm routiniert meine Daten auf ohne mich besonders zu beachten. Einen längeren verwunderten Blick bekam ich erst, als ich sagte, dass ich meinen Nebenjob auch weitermachen würde, wenn ich 80% des über der Freibetragsgrenze von 100€ liegenden Verdienstes nicht behalten dürfte. Meine Erklärung, dass mir 4 Tage in der Woche zum Bewerbungsschreiben ausreichen würden und diese Arbeit eine willkommene Abwechslung von eben diesem Alltag wären, hätte sie so wohl noch nicht oft gehört. Offensichtlich habe ich Eindruck durch eine Selbstverständlichkeit bei ihr hinterlassen. Das hat mich heute wahrscheinlich am meisten überrascht.

Alles in Allem kann man sagen, dass ich mir den Tag im Arbeitsamt genauso vorgestellt hatte, aber dennoch hatte ich gehofft es würde anders sein.

Als Ergebnis der 1,5 Stunden Arbeitsamt, habe ich einen Antrag auf ALG II, den ich am Dienstag um 15:30 abgeben soll und die Zusage, dass ich ab heute Bewerbungskosten zurück bekomme, vorzuweisen. Gut dass ich gestern noch keine Bewerbung geschrieben habe, sonst hätte ich dafür kein Geld bekommen....

Dienstag, 7. Oktober 2008

Soziologiekongress

Eigentlich hatte ich vor, hier jeden Abend in einem kurzen Eintrag über den Soziologiekongress zu berichten. Nachdem ich am Sonntag, hier in Weimar, bei unserer Übernachtungsmöglichkeit angekommen bin, war auch noch alles gut. Montag Nachmittag sind wir dann wie geplant nach Jena zur Eröffnungsveranstalltung gefahren.
Wie schon vor zwei Jahren, war diese aber nicht sonderlich spannend. Die Rede des Ministerpräsidenden von Thüringen, Dieter Althaus, war zu politisch und die Eröffnungsvorsträge von Hans-Georg Soeffner (Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS)) und Ulrich Beck klangen in der Ankündigung auch spannender als sie tatsächlich waren. Vielleicht lag das aber auch an der schlechten Luft und dem schummrigen Licht im Volkshaus Jena, dass wir alle uns kaum konzentrieren konnten.
Interessant fand ich eine Preisverleihung für die herrausragendsten Aufsätze in soziologischen Zeitschriften. Einen der Preise bekam ein Aufsatz über die Anwendung und den Vergleich verschiedener Kontingenztheorien auf die Situation des Elfmeterschießens. Dabei wurden als empirsche Referenten alle Elfmeter der Bundesligasaison 92/93 untersucht.
Ich weiß nicht, ob es an den schlechten Vorträgen lag, aber jedenfalls war ich nach der Eröffnungsveranstalltung krank. Da es kurz vor acht war, hatten ich noch Zeit mir von der örtlichen Apothekerin Medikamente für 23 €! aufschwatzen zu lassen.
Jendenfalls liege ich seit gestern Abend mit Fieber im Bett und habe bis eben fast ohne Unterbrechung geschlafen. Der erste Tag der Vorträge passierte bzw. passiert also ohne mich. Dabei waren heut einige der spannesten Voträge angekündigt.
Der Plan sieht vor, morgen auf jeden Fall wieder nach Jena zu fahren und in den Kongress einzusteigen. Also vielleicht kann ich dann morgen was interessanteres erzählen.
 
Sev Trek - die Deutsche Version
Sev Trek - die Deutsche Version